Mobbing - Info für Betroffene (go) Mobbing am Arbeitsplatz ist viel weiter verbreitet, als man glaubt! Und die Folgen sind katastrophal. Nicht nur die Betriebe erleiden immense Einbussen, vor allem die gemobbten Perönlichkeiten werden oft völlig zerstört. In Folge dieser Entwicklung gehen Beziehungen auseinander, Familien zugrunde und die totale Einsamkeit und Verbitterung droht. Wie ist die Rechtslage? Mobbing ist ein komplexes Phänomen, das u.a. gegen die im Grundgesetz (GG) verbrieften Persönlichkeitsrechte verstößt "Die Würde des Menschen ist unantastbar", lautet Artikel 1. Artikel 2 des GG legt fest: "Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt."
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ... ... ist für Mobbing relevant, weil es arbeitsorganisatorische Mängel, Schwächen der Personalführung und komplexe Sozialbeziehungen mit einbezieht, also genau jene Bereiche, die als gesundheitsgefährdend und mobbingverursachend gelten. Die Pflichten des Arbeitgebers legt das ArbSchG in Par. 3 fest: "Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben."
Zuvor, in Par. 2, definiert das Gesetz: "Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit." Ausdrücklich nennt das ArbSchG auch Maßnahmen, die "Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, sozialen Beziehungen und Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen" (ArbSchG Par. 4.4). Im Mittelpunkt steht also die "menschengerechte Gestaltung" des jeweiligen Arbeitsplatzes. Was ergibt sich daraus?
- Aus arbeitsvertraglicher Sicht ist der Arbeitnehmer genauso berechtigt, den Arbeitgeber abzumahnen, wie umgekehrt. Verletzungen der arbeitgeberseitigen Obhuts- und Sorgfaltspflichten, insbesondere wenn sie sogar gegen das ArbSchG verstossen, sind schwerwiegende Verletzungen des Arbeitsvertrages. Diese berechtigen den Arbeitnehmer zur Abmahnung, sollte diese erfolglos sein, auch zur Kündigung des Arbeitsvertrages. Daraus entstehende Nachteile, wie z.B. Sperrfrist-Ausfälle beim Arbeitslosengeld oder Kosten für die erneute Bewerbung, hat der vertragsverletzende Arbeitgeber zu erstatten.
- Ausichtsbehörde für Verstöße gegen das ArbSchG ist das örtliche "Amt für Arbeitsschutz", früher auch als Gewerbeaufsichtsamt bezeichnet. An dieses kann sich jeder wenden, ohne dass dies mit Kosten verbunden wäre. Die Aufsichtsbeamten sind verpflichtet, konkreten Beschwerden nachzugehen und haben auch in weitem Rahmen Verschwiegenheitspflichten.
Mobbingerkrankungen werden zunehmend als Berufskrankheiten anerkannt. Damit kommen die Berufsgenossenschaften als Versicherer ins Spiel. Kommt man mit seinem Anliegen beim Arbeitgeber nicht weiter, kann man sich auch ohne Kostenrisiko an die nächste zuständige Geschäftstelle der jeweiligen Berufsgenossenschaft wenden, bei der der Betrieb Zwangsmitglied ist. Deren technische Aufsichtsbeamten gehen solchen Beschwerden sogar sehr engagiert nach, weil denen die katastrophalen Auswirkungen der neuen Volkskrankheit "Mobbing" nur allzu bewusst sind.
Die Rechtslage im BGB Gegen einen Mobber greift zivilrechtlich das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Dies definiert in Par. 611a ein Benachteiligungsverbot und formuliert in Par. 823 Abs.1 die Schadensersatzpflicht: "Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet." Dabei geht es um den Widerruf und die Unterlassung von ehrverletzenden Äußerungen sowie die Unterlassung von Mobbing. Zu beweisen wäre für das Mobbingopfer nicht nur die Zurechenbarkeit des Täterverhaltens (siehe unten beim StGB), sondern auch der "Schaden" selber. In Frage kämen...
- Schmerzensgeldansprüche - hier müssen ärztliche oder psychologische Bescheinigungen den Grad der erlittenen Beeinträchtigung darlegen,
- Schadensersatzansprüche - hier müssen Unterlagen vorgelegt werden, aus denen eindeutig beweisbar ist, dass ohne das vorwerfbare Täterverhalten das Mobbingopfer zumindest ein bezifferbares Potential an wirtschaftlicher Besserstellung gehabt hätte und das dies dadurch nicht mehr möglich ist (Kausalitätsbeweis) - z.B. belegbare Abweichungen von der sonst "üblichen" Karriereleiter im Betrieb, Ablehnungsschreiben von Bewerbungen unter Bezug auf Störungen im Persönlichkeitsbild usw.
Für alle Beweisführungen unverzichtbar ist aber, dass der geltend gemachte Schaden eindeutig auf konkrete (!) Tathergänge zurückzuführen ist. Die Behauptung, man sei jahrelang gemobbt worden, reicht nach Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte nicht aus.
Auch das Strafgesetzbuch (StGB)... ... kann greifen, vor allem können bei Mobbing die so genannten Beleidigungstatbestände (Par.185 - 187) verwirklicht sein: Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung. Je nach Einzelfall können dem Täter aber auch Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung, Begünstigung, Betrug, Untreue oder Urkundenfälschung zur Last gelegt werden. Wichtig ist hierbei die eindeutige Beweisführung, weil im Strafrecht zugunsten des Beschuldigten stets der Grundsatz der Unschuldvermutung greift, bis dessen Schuld zweifelsfrei nachgewiesen ist. In Frage kämen also
- Zeugenbeweis - z.B. der Arbeitskollege, der einzelne Aussagen des Beschuldigten bezeugen kann,
- Urkundsbeweis - z.B. Schriftstücke, Aushänge usw., aus denen mobbende Tätigkeiten hervorgehen und soweit diese dem Beschuldigten zurechenbar sind,
- Sachverständigenbeweis - z.B. Arzt- oder Psychotherapeutenberichte, aus denen die Tatsächlichkeit der Gesundheitsverletzung belegbar ist, z.B. der Bericht eines Supervisors, der Rollenverhalten und dynamische Gruppenprozesse innerhalb der Belegschaft sachverständig vorträgt und damit diffuse Mobbingsvorgänge offenlegen kann.
Fazit Gegen Mobbing ist man nicht schutzlos. Sollte am Mobbing nicht die Geschäftsleitung selber beteiligt sein, sollte der Weg für den/die Betroffenen zunächst dorthin führen. Manchmal sind die Betriebe sogar sehr dankbar um solche Hinweise, weil bei Mobbing stets der Betrieb selber der Verlierer ist. Am besten ist es, für das Gespräch konkrete Beweise, konkrete Vorgangsschilderungen und vielleicht sogar Arbeitskollegen als Zeugen mit hinzu zunehmen.
Wenn jedoch die "oberste Instanz" selber daran beteiligt ist, also z.B. die Geschäftsleitung, der direkte Vorgesetzte, der Geschäftsstellenleiter usw. - dann hat es keinen Zweck, eine Lösung im Betrieb zu suchen. Dann ist der erfolgsversprechendere Weg derjenige, ab jetzt eine gewisse Zeitlang nur noch Beweise zu sammeln und dann einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen.
Bleibt nur noch darauf hinzuweisen, dass es im Arbeitsrecht hinsichtlich der Kosten kein "Verlierer-Prinzip" gibt - man braucht also bei einem verlorenen Prozess nicht die gegnerischen Kosten zu fürchten, bleibt aber im Gegenzug stets auf seinen eigenen sitzen, auch wenn man den Arbeitsprozess gewinnt...